Organstammzelldrucker
Die Eigenfetttransplantation ist seit einigen Jahren eine bewährte Methode zur Korrektur der Körperkonturen, Weichteilkorrektur und sogar moderatem Aufbau der Brust. Eingezogene Narben können auf diese Weise schonend korrigiert werden. Abstoßungsreaktionen sind gering, da dem Körper eigene Zellen implantiert werden. Wieso es funktioniert, ist einfach. Zwar enthält das entnommene Körperfett u.a. Bestandteile wie Blut, Flüssigkeit und Öl, die zur Transplantation nicht benötigt werden. Es enthält allerdings auch mesenchymale Stammzellen, d.h. Zellen, die sich nach der Entnahme durch äußere Einflüsse erst zu den Zell- oder Gewebetypen ausformen.
Wenn diese Zellen nun nach der Entnahme zu praktisch allem werden können, was gerade benötigt wird, bietet das Raum für unendliche Spekulationen. Bestünde dann nicht die Möglichkeit, einem Patienten, der eine neue Niere benötigt, diese quasi aus eigenen Fettzellen zu züchten? Könnte dann nicht irgendwann in ferner Zukunft einem Diabetiker eine neue Bauchspeicheldrüse „wachsen“? Szenarien wie aus der Welt der Science-Fiction, aber vor 30 Jahren hätte es auch niemand für möglich gehalten, dass jeder Mensch einmal mit einem Mini-Computer in der Tasche unterwegs wäre. Was vor 20 Jahren noch reine Utopie war, ist mittlerweile in vielen Kliniken gängige Praxis.
Auch die Organzüchtung aus körpereigenen Stammzellen ist mittlerweile aus dem Bereich der Fiktion herausgerückt. Hauptschwierigkeit ist der allmähliche Abbau von über zwei Drittel der Fettzellen nach der Operation. Hier hat das ungarische Institut Humancell Medical nun ein Verfahren entwickelt, bei dem das entnommene Fettgewebe in zwei Teile aufgeteilt wird und der Stammzell- und Progenitoranteil aus dem zweiten Teil dem ersten Teil hinzugegeben wird. Hierdurch steigt die Einheilungsrate des implantierten Körperfetts auf beachtliche 70 bis 90%. Von den mesenchymalen Stammzellen wird angenommen, dass sie maßgeblich an der Regeneration von geschädigtem Gewebe beteiligt sind. Die Idee ist, eine Art Gerüst zu züchten, auf dem die Stammzellen aufgebracht werden und sich dann das jeweilige Organ ausbilden kann. Der Patient erhält ein Organ aus seinen eigenen Zellen zurück.
Zurzeit befindet sich zumindest die regenerative Verwendung von Stammzellen in Europa und den USA in der Phase der klinischen Erprobung bei Knochenbrüchen und Knorpelverletzungen sowie diversen weit verbreiteten Krankheiten wie Diabetes mellitus, Herzinfarkt, chronisch-obstruktiver Lungenerkrankung (COPD), Leberzirrhose und koronarer Herzerkrankung. Ferner gibt es bereits erste Erfolge in der Gewebeneubildung, die allerdings bisher im Herstellungsverfahren sehr kostspielig und noch äußerst instabil sind. Daher ist von einer Einführung solcher Verfahren in nächster Zeit noch nicht auszugehen. Aber die Forschung entwickelt sich rasant. Warten wir also ab, wo wir in 20 Jahren stehen …